Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, Beitrag von Niklas Maak, 26. April 2020

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst/darf-man-das-rechenzentrum-und-den-maeusebunker-abreissen-16741956.html

›Schon jetzt ist zu erkennen, dass man in den kommenden Jahrzehnten auf den aktuellen Breitband-Abriss der Meisterwerke der Betonmoderne so fassungslos schauen wird wie auf die Hemdsärmeligkeit, mit der nach dem Zweiten Weltkrieg Altbauviertel kleingemacht wurden, um der Moderne mit ihren Autobahnen und Wohntürmen Platz zu machen.
[…]
Dass sich die öffentliche Wahrnehmung der »Betonmonster« gerade ändert, zeigen auch die Tausenden von Unterschriften, die binnen kurzer Zeit für die Erhaltung und Umnutzung zweier Beton-Brut-Werke in Berlin zusammengekommen sind.
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Gleichzeitig ist auch dieser Bau das Monument eines Staats, der sich Gesundheit und Forschung viel kosten ließ. Beide Institute zeigen, was der Staat in den Siebzigern in die öffentliche Gesundheit investierte, bevor ein verheerender Sparkurs Krankenhäuser und Forschungslabore in ganz Europa zu profitablen Assets machte und so mit zur katastrophischen Situation etwa in Italien beitrug.
[…]
Auf ihre Weise gehören Forschungslabore und Rechenzentren, die Orte von Daten und Viren, zu den wichtigsten Bauten der Gegenwart; beide sind Orte, an denen sich entscheidet, wie es mit der Gesellschaft weitergeht. Was allein schon ein guter Grund wäre, beide Bauten, die die Geschichte von beidem erzählen, nicht abzureißen‹
(Niklas Maak)

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst/darf-man-das-rechenzentrum-und-den-maeusebunker-abreissen-16741956.html